Im Gespräch mit Edward Mitterrand & Annett Höland
Frau Höland, Herr Mitterrand, können Sie kurz Ihren Werdegang beschreiben?
Annett Höland: Ich bin seit 2013 als Kuratorin tätig und habe mich in meiner beruflichen Laufbahn verschiedenen kuratorischen Projekten in wechselnden Konstellationen für Ausstellungsräume in Liechtenstein und der umliegenden Region gewidmet. 2017 erfasste und bereitete ich die Werke der verstorbenen Liechtensteiner Künstlerin Elisabeth Büchel auf. Ein Jahr später habe ich auf Projektbasis den Standort der VP Bank Zürich neugestaltet. Seit 2019 bin ich Kuratorin der VP Bank Kunststiftung.
Edward Mitterrand: Ich habe in den späten 90er-Jahren ein Unternehmen in Grossbritannien gegründet, arbeitete als Kunsthändler und organisierte weltweit Skulpturenausstellungen. In den 00er-Jahren eröffnete ich in Genf und in Zürich eine Galerie. Mit beiden Galerien nahm ich an Kunstmessen teil und stellte sowohl junge als auch renommierte Künstlerinnen und Künstler aus. 2015 beschloss ich, mich auf meine Beratungstätigkeit zu konzentrieren. Heute berate ich Finanzintermediäre und deren Kundinnen und Kunden. Dabei greife ich auf die traditionelle Kunstberatung, aber auch auf neue Finanzierungsinstrumente wie die Tokenisierung zurück.
Herr Mitterrand, wie gehen Sie bei der Recherche und Bewertung von Kunst für Kundinnen und Kunden vor?
Edward Mitterrand: Zunächst erstellen wir ein Profil der Kundin bzw. des Kunden und definieren das Budget, die Anzahl der Werke sowie die Stilrichtung. Im nächsten Schritt grenzen wir die Auswahl auf die wichtigsten Künstlerinnen und Künstler ein. Wir vergewissern uns stets, dass unsere Kundinnen und Kunden einen angemessenen Preis erhalten, die entsprechenden Nachweise vorliegen und der Zustand des Kunstwerks einwandfrei ist. Um ein vorhandenes Kunstwerk zu bewerten, berücksichtigen wir die technischen und finanziellen Faktoren, aber auch das Zukunftspotenzial des Werks und die aktuelle Stimmung auf dem Markt.
Frau Höland, wie sieht das Sammlungskonzept der VP Bank Kunststiftung aus?
Annett Höland: Unterschiedliche Positionen der Malerei im nichtgegenständlichen Bereich der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart bilden den Fokus der heutigen Sammlungstätigkeit. Die Sammlung nahm in den 1970er-Jahren ihren Anfang und erhielt in Folge der 1996 gegründeten VP Bank Kunststiftung ein geschärftes Sammlungskonzept. Durch Ankäufe werden zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler aus dem In- und Ausland gefördert und die Sammlung kontinuierlich erweitert.
Die Werke sind in den Räumlichkeiten der VP Bank ausgestellt und laden im alltäglichen Geschäftsumfeld zu einer gedanklichen und ästhetischen Auseinandersetzung ein. Da sich die Werke in einem nicht-musealen Umfeld präsentieren, muss stets aufs Neue geprüft werden, inwieweit sich die Bedürfnisse des Arbeitsortes mit jenen des Ausstellungsortes vereinbaren lassen. Die räumlichen Rahmenbedingungen des Arbeitsumfeldes beeinflussen dabei massgeblich die konkrete Ausgestaltung der Sammlungspolitik. Dies betrifft nicht nur die Platzierung der Werke, sondern auch ihre Vermittlung.
Kauft die VP Bank Kunststiftung Werke auch als Wertanlage?
Annett Höland: Gemäss den Statuten werden Ankäufe ausschliesslich im Sinne der Kunstförderung und nicht als Wertanlage getätigt. Die VP Bank Kunststiftung spekuliert nicht auf einen gewinnbringenden Verkauf und verkauft nur in sehr seltenen Fällen Kunstwerke.
Die VP Bank fördert seit jeher Kultur und Kunst. Das geschieht sowohl durch Sponsoring wie auch durch die VP Bank Stiftung, die anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Bank gegründet wurde. Seit ihrer Gründung verfolgt die VP Bank Kunststiftung das Ziel, Künstlerinnen und Künstler durch Ankäufe zu unterstützen und Kunst zu vermitteln. Auf diese Weise sollen möglichst vielen Menschen — Kundinnen und Kunden als auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern — Kunst als inspirierendes Gesamterlebnis ermöglicht werden.
Herr Mitterrand, wo sehen Sie die Rolle des Metaversums, in dem reale Güter digitalisiert und in Zukunft gekauft, präsentiert und verkauft werden können?
Edward Mitterrand: Bislang wurden nur wenige digitale Kunstwerke im Rahmen des NFT-Vertriebs von jungen oder etablierten Künstlerinnen und Künstlern geschaffen. Dennoch ist die Zukunft der Kunst digital. Das Metaversum wird ein gewaltiges Sammelbecken für die Digitalisierung der Kunstwelt sein. Künstlerinnen und Künstler, Kuratorinnen und Kuratoren sowie Sammlerinnen und Sammler werden digitale oder digitalisierte Kunst in Web3-Umgebungen präsentieren, die dank der technischen Fortschritte immer überzeugender werden. Ganz abgesehen davon, dass Herkunft und Eigentum kein Thema mehr sein werden, werden durch Token Zertifikate auf der Grundlage von Smart-Contracts ausgestellt, die bei der Entstehung eines jeden Kunstwerks geschaffen oder zu einem anderen bestimmten Zeitpunkt registriert werden.
Apropos Tokenisierung: Frau Höland, ist es geplant, dass in Zukunft einzelne Werke tokenisiert werden?
Annett Höland: Derzeit arbeitet die VP Bank Kunststiftung gemeinsam mit dem Digital Assets Team ein Projekt rund um das Thema Tokenisierung aus. Dieses Projekt soll es uns ermöglichen, Werke nicht nur physisch erlebbar zu machen, sondern auch digital zu vermitteln.
Anmerkung: Die Ansichten und Meinungen, die im Experteninterview geäussert werden, können von der Meinung der VP Bank abweichen.