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Stehen europäische Small Caps vor einem Aufschwung?

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Das «Capital Asset Pricing Model» (CAPM) entstand Anfang der 1960er Jahre und liefert die erste präzise Definition des Risikos (Beta). Dieses Ein-Faktor-Modell zeigt, dass Manager, die in schnell wachsende, beliebte «Hoffnungsträger» investieren, ein Portfolio mit einem Beta von beispielsweise 1,3 zusammenstellen. Wenn der breite Markt um 10 % steigt, steigt dieses risikoreiche Portfolio um 13 %. Fällt der breite Markt jedoch um 10 %, fällt es um 13 %.

Obwohl das CAPM in der Finanzwelt auch heute noch eine wichtige Rolle spielt, haben viele Studien gezeigt, dass das Modell fehlerhaft ist. Angewandt auf den oben genannten Fall, erklärte das Modell «nur» 2/3 der realisierten Rendite. Der unerklärte Teil wurde entweder dem Glück, dem Talent oder einem anderen, noch unbekannten Faktor zugeschrieben. So «entdeckten» die Ökonomen später andere Faktoren, um das Unbekannte zu erklären. Die ersten beiden Faktoren, die sich herausstellten, waren:

Wert: Aktien mit einem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) oder Kurs-Buchwert-Verhältnis erzielen höhere Renditen als Unternehmen mit einer hohen Bewertung.

Grösse: Aktien mit einer geringen Marktkapitalisierung erzielen im Durchschnitt höhere Renditen als solche mit einer hohen Marktkapitalisierung.

Kombiniert ergab sich daraus das Drei-Faktoren-Modell der US-Ökonomen Eugene Fama und Kenneth French. Der Erklärungswert ihres Modells stieg auf bis zu 90 %. Wiederum war der unerklärte Teil auf «Geschicklichkeit», «Glück» oder einen anderen Faktor (Momentum, niedrige Volatilität, Qualität etc.) zurückzuführen.

Jedes Mal haben die Wirtschaftswissenschaftler umfangreiche mathematische Untersuchungen auf der Grundlage historischer Daten durchgeführt. Wer die Theorie in die Praxis umsetzen will, stösst schnell auf einige Schwierigkeiten: viele einzelne Unternehmen im Portfolio, jedes mit einer geringen Gewichtung, hohe Transaktionskosten, die die zusätzliche Rendite aufheben. Ausserdem sollten Portfolios mit «Long»- und «Short»-Positionen eine Outperformance erzielen, was aber für viele Anlegerinnen und Anleger unmöglich ist.

Praxis: Der Grössenfaktor als Teil einer Anlagestrategie

Trotz dieser Einschränkungen können diese Faktoren in eine Anlagestrategie integriert werden, die auf ein konzentriertes Portfolio ausgerichtet ist.

  • Grösse: Capricorn Partners bevorzugt europäische Unternehmen mit geringer und mittlerer Marktkapitalisierung. Das Unternehmen glaubt, dass Small und Mid Caps im Vergleich zu Large Caps ein höheres langfristiges Wachstumspotenzial haben.
  • Wert: Capricorn Partners verfolgt eine thematische Anlagestrategie mit dem Fokus auf drei Themen: Digital, Cleantech und Gesundheit. Innerhalb jedes Themas werden Kundinnen und Kunden schnell auf Aktien mit relativ hohen Bewertungsmultiplikatoren stossen. Dennoch berücksichtigt Capricorn Partners die Bewertung, indem das Unternehmen zu hohen Bewertungen innerhalb seiner Wachstumsthemen kritisch gegenübersteht.
  • Qualität: Wenn Kundinnen und Kunden unter den billigen oder kleineren Aktien auch Unternehmen mit geringer Rentabilität ausschliessen, wirkt sich dies positiv auf die langfristigen Renditen aus. Im Stockpicking-Prozess schliesst Capricorn Partners Unternehmen mit zu hoher Verschuldung oder zu niedriger Eigenkapitalrendite aus.

Der Grössenfaktor heute

Der Stoxx Europe Small 200 erzielte in den letzten 15 Jahren eine durchschnittliche jährliche Rendite von etwa 10,5 %, also mehr als die 9 %, die Large Caps jährlich erzielten. Im schwierigen Börsenjahr 2022 korrigierten die Small Caps jedoch stärker als die Large Caps. Das ist an sich nicht weiter verwunderlich, denn die Anlegerinnen und Anleger tauschen in schwierigen Zeiten die risikoreicheren Small Caps gegen die stabileren Finanzergebnisse und die höhere Liquidität der Large Caps. Doch selbst während der anschliessenden Erholung im Jahr 2023 bis heute haben Small Caps nicht die gleichen Renditen erzielt wie Large Caps.

In den USA liegen Small Caps seit über 10 Jahren hinter ihren Large-Cap-Pendants zurück. Der Russell 2000 Index, der US-Small-Cap-Index schlechthin, erzielte nur knapp 7 %. Large Caps schnitten mit einer durchschnittlichen Gesamtrendite von 12 % pro Jahr deutlich besser ab. Trotz dieser deutlich niedrigeren Renditen sind US-Small Caps nach wie vor teurer als US-Large Caps (Grafik 2). Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von fast dem 24-fachen der erwarteten Gewinne sind Small Caps teurer als Large Caps (20,7-fache der erwarteten Gewinne). Im Gegensatz dazu blieben die Gewinnerwartungen je Aktie für Small Caps deutlich hinter den Gewinnerwartungen für den Russell 1000 Index zurück (Grafik 1).

Die Situation in Europa ist anders und günstiger. Europäische Small Caps werden heute mit dem 13-fachen der erwarteten Gewinne gehandelt und sind damit günstiger als Large Caps (13,8-fache der erwarteten Gewinne) (Grafik 4), was eine ungewöhnliche Situation darstellt. Dies ist eine ungewöhnliche Situation, zumal die erwarteten Gewinne der europäischen Small Caps in den letzten 10 Jahren stärker gestiegen sind als die der europäischen Large Caps (Grafik 3). Aus historischer Sicht sind europäische Small Caps heute bis zu 20 % billiger. Sie bieten die Aussicht auf ein höheres Wachstum bei einer niedrigeren Bewertung - eine Kombination, die uns positiv gegenüber Small Caps stimmt. Vor allem, wenn man den Schwerpunkt auf Wachstum, eine starke Bilanz und eine höhere Rentabilität hinzurechnet.

Bild 1: Erwarteter Gewinn je Aktie
Europe1
Bild 2: Kurs-Gewinn-Verhältnis in den USA
Usa1