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Verwaltungsratspräsident Dr. Thomas Meier im Interview

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Der scheidende Verwaltungsratspräsident der VP Bank Gruppe, Dr. Thomas Meier, spricht im Interview von Wirtschaft regional am 15.3.2024 mit Corina Vogt-Beck zu seinem Rücktritt, der strategischen Transformation, personellen Abgängen und den Konsequenzen der Sanktionen.

Sie werden als Verwaltungsratspräsident zurücktreten, neuer Präsident wird mit Stephan Zimmermann ein Mitglied des Verwaltungsrates. Dadurch sollten die Arbeit und die Entscheide der letzten Jahre weitergetragen werden.

Das ist richtig. Diese Kontinuität sorgt auch für eine Vertrautheit mit der Bank und der Strategie. Das erlaubt es auch, dass man die Geschäfte nahtlos weiterführen kann.

Sie demissionieren in der Halbzeit der Umsetzung der «Strategie 2026». Es ist speziell, dass Sie diese Strategie nicht abschliessen.

Nicht unbedingt. Denn das, was aufhört, fängt an einem anderen Ort wieder an. Der Strategiezyklus endet 2026, aber die Vorbereitung des neuen Zyklus beginnt bereits nächstes Jahr. Insofern ist es ein idealer Zeitpunkt, um dem neuen Präsidenten die Möglichkeit zu geben, aktiv auf den neuen Zyklus einzuwirken. Zudem ist es meine persönliche Entscheidung, nach sechs Jahren nicht mehr drei Jahre anzuhängen.

Sie sagten, sie «verzichten» auf eine dritte Amtszeit. Bei dem Wort «Verzicht» schwingen Emotionen mit.

Mein persönlicher Entscheid bezieht die langfristige Planung der VP Bank mit ein.

Für Sie ist der Rücktritt nicht zu früh, sondern genau zum richtigen Zeitpunkt?

Es hat sowohl für mich als auch für die Bank gepasst. Von daher ist es ein guter Moment, sich jetzt zurückzuziehen.

Das heisst, Sie stehen voll hinter der Strategie 2026, mit allen Konsequenzen?

Ja, unbedingt. Ich bin ja mitverantwortlich für diese Strategie. Letztendlich ist es ein gemeinsames Produkt des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung. Es ist ein spannender Prozess, bei dem man sich überlegen muss, wie die Zukunft der Bankenindustrie aussehen wird und was das für die VP Bank bedeutet.

Dr. Thomas Meier
© Daniel Schwendener

Die Transformation, die sie eingeleitet haben, zum Teil auch einleiten mussten, ist nicht ohne Misstöne und schmerzhafte personelle Abgänge vonstattengegangen.

Wenn man sich verändern will, kann es sein, dass Menschen diese Veränderung nicht mittragen möchten und das Unternehmen verlassen. Wir versuchen selbstverständlich, die Menschen mit ins Boot zu holen. Es braucht eine gute Kommunikation, damit nicht aufgrund von Annahmen ein übereilter Entschluss getroffen wird, der später vielleicht bereut wird. Denn es ist ja bekannt: Die Wiese ist immer grüner auf der anderen Seite. So durften wir auch einige Mitarbeitende wieder zurück bei uns begrüssen.

CEO Paul Arni erklärte, die VP Bank wolle in Zukunft attraktiver werden für Arbeitnehmende. Sie besetzten 2023 die HR-Gruppenleitung neu, «um Fluktuationen zu senken und die Zufriedenheit zu steigern». Heisst das, Sie haben intern die Fluktuationen analysiert?

Einerseits hat die Corona-Pandemie die Arbeitswelt massiv verändert. Viele Unternehmen mussten sich Gedanken darüber machen, wie man sich den neuen Gegebenheiten anpassen und Fluktuationen reduzieren kann. Wie können wir attraktiv sein? Da kommen verschiedene Faktoren zusammen, wie Arbeitsplatzgestaltung, Inhalte, Arbeitskultur. Wir verstehen Human Resources nicht nur als technische Funktion, sondern als Stelle, die Menschen mit einbezieht und fördert. Die Entwicklung dieses Gesamtpaketes war uns extrem wichtig.

Haben Sie ein Programm zur Förderung eigener Talente, ähnlich wie es LGT und LLB kennen? So könnten aus dem eigenen Pool Mitarbeitende in die Geschäftsleitung gebracht werden.

Unbedingt. Eine erfolgreiche Entwicklungspolitik eigener Talente ist eine der wichtigsten Massnahmen. Das muss wachsen und frühzeitig starten. Natürlich spielt die Grösse dabei eine Rolle, wenn man ein grösseres Unternehmen ist wie die LGT oder die Landesbank, sind die Möglichkeiten wahrscheinlich grösser, aber das soll keine Entschuldigung sein.

Gibt es auf Stufe Geschäftsleitung oder darunter eigene Talente?

Absolut. Wir haben einen strategischen Plan diesbezüglich. Das gehört zu den Aufgaben eines Verwaltungsrats.

Ein weiteres Thema ist der Nettoneugeldzufluss. Dieser ist nicht zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen.

Unser Ziel ist es, über den ganzen Zyklus ein Neugeldwachstum von vier Prozent zu erreichen. Wenn man eine schwarze Null schreibt, dann sind wir hinter diesen Erwartungen. Wir haben zwar unsere Hausaufgaben und die notwendigen Investitionen gemacht, aber wir waren gezwungen, Gegebenheiten wie Sanktionen oder Portfoliobereinigungen zu priorisieren. Dies hat uns länger beschäftigt als gewünscht, und dadurch hatten wir zu wenig Zeit, uns der Kundschaft zu widmen. Je mehr Zeit man bei der Kundschaft verbringt, desto mehr Neugeld kann man akquirieren.

Sie waren lange in Russland gut vertreten und haben durch die Sanktionen nach der russischen Invasion in die Ukraine einiges an Geldern und Märkten verloren. Sie mussten Ihre Kundenportfolios bereinigen. Wie ist der Stand im Moment?

2023 hatten wir rund 300 Millionen Franken forcierte Abflüsse aus der Bereinigung der Kundenportfolios – diese Zahl muss man allerdings ins Verhältnis setzen zu den insgesamt 46,4 Milliarden Franken, welche die VP Bank per Ende 2023 verwaltet hat. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Die Kundenvermögen wurden identifiziert, es braucht jedoch Zeit, bis die Kunden ihr Geld an eine andere Bank überwiesen haben. Dabei handelt es sich nicht nur um sanktionierte Vermögen, wir haben mit einem kritischen Blick unseren gesamten Kundenstamm geprüft. Wir haben analysiert, welche Kunden zu unserer Strategie passen und wie hoch der Betreuungsaufwand und die Kosten sind. Wir wollen uns auf die Kunden konzentrieren, für die wir Mehrwert schaffen können.

Dafür brauchen Sie die besten Kundenbetreuerinnen und -betreuer. Sind Sie betreffend Mitarbeitende gut aufgestellt?

Wir sind glücklich mit den Leuten, die wir heute haben. Wir wollen in sie investieren und sie weiter ausbilden. Es ist eine Anstrengung der gesamten Organisation.

 

Sie sagen, Sie fördern eigene Talente. Fördern Sie auch Menschen mit regionaler oder liechtensteinischer Verankerung?

Unbedingt. Das ist uns ein wichtiges Anliegen. Letztendlich geht es immer darum, im Heimmarkt verankert zu sein. Dazu gehört es, die Talente aus dem Heimmarkt mit einzubinden. Das ist ein Learning, das ich aus meiner Bankkarriere mitnehmen darf.

Sie haben 2022 eine Taskforce für die Russland-Geschäftsbeziehungen eingesetzt. Gibt es diese Taskforce noch?

Wir haben dies angepackt und abgeschlossen. Die Taskforce wurde abgebaut. Sie kam nicht ohne externe Unterstützung aus und hat auch Geld gekostet, aber es hatte eine Dringlichkeit, die man nicht verschieben konnte. Jetzt bleiben noch die Portfolio-Bereinigungen. Diese Belastung betrifft die ganze Bank, aber sie nimmt kontinuierlich ab, darum bin ich guten Mutes, dass wir die Zeit für die Kundschaft wieder finden werden.

Seitens einiger Treuhänder hört man, dass Sie die Gebühren erhöht haben und es dadurch zu zahlreichen Bankwechseln kam. Was sagen Sie dazu?

Wir haben keinen einzigen Treuhänder gezwungen, wegzugehen, sondern wir wollten ein faires Entgelt für unsere Dienstleistungen erhalten. Wenn wir uns nicht einig werden, dann gibt es die Möglichkeit, einen anderen Provider zu suchen.

Es ist ein Stück weit ein Widerspruch: Auf der einen Seite brauchen Sie Neugelder, auf der anderen Seite bereinigen Sie Ihre Portfolios und verabschieden sich von Kundengruppen.

Für Wachstum braucht es Fokus und Konzentration. Sonst zerfleddert man sich, das braucht Energie und macht auch keine Freude.

Sie nehmen Verluste in Kauf, um sich besser zu positionieren.

Ja, das kann man so zusammenfassen.

Wird der neue Verwaltungsratspräsident strategische Änderungen während des zweiten Strategiezyklus vornehmen?

Ich möchte nicht für Herrn Zimmermann sprechen. Er wird mit Sicherheit bereit sein, Ihre Fragen zu beantworten.

Was sind Ihre Pläne?

Ich habe noch ein weiteres Verwaltungsratsmandat und ein schönes Hobby in der Natur, dem ich mich verstärkt widmen werde.

Sie übergeben die VP Bank mit einem guten Gewissen Ihrem Nachfolger.

Ja, absolut.

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