Investment Ideen

Thematisch investieren: Chancengleichheit, Bildung und Sicherheit

Harald Brandl · Dominik Pross
Lesedauer: 10 Min
Soziale Aspekte sind für die Nachhaltigkeit so bedeutend wie Umweltthemen. Chancengleichheit, Bildung und Sicherheit im weiteren Sinn spielen eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung. Zugleich bieten sie aussichtsreiche Investmentchancen im Rahmen von Themenanlagen

Hinweis: Das ist der vierte Teil der fünfteiligen Investmentidee- Serie «Investieren in den grünen und sozialen Wandel» (Link).

Chancengleichheit, Bildung und Sicherheit sind wichtige Faktoren für das Funktionieren einer Gesellschaft und der Wirtschaft. Nicht erst seitdem es nachhaltiges Investieren gibt, sind Chancengleichheit und Bildung Themen der Politik und der Wirtschaft. Dazu gehören die gleiche Bezahlung von Mann und Frau für die gleiche Arbeit, die Diskriminierung bestimmter Minderheiten oder der Zugang zu Bildung für alle.

Letztlich ist auch Sicherheit ein Aspekt der Nachhaltigkeit, denn diese umfasst auch Themen wie Cybersecurity und Lebensmittelsicherheit. Vermehrte Cyber-Angriffe wie zum Beispiel auf systemkritische Infrastruktur stellen eine Gefahr für die Gesellschaft und die nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft dar.

Wegen der benötigten und gesellschaftlich angestrebten Investitionen zur Verbesserung dieser Probleme sind die drei Investmentblöcke nicht nur für Investoren mit einer Passion für Nachhaltigkeit interessant.

Wirtschaftsmotor Chancengleichheit und Bildung:

Zugang zu Bildung und gleiche Möglichkeiten für alle sind zwei kaum voneinander trennbare Aspekte. So sind laut der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) noch immer zwei Drittel aller Analphabeten Frauen. Während Chancengleichheit über die Gleichberechtigung von Frau und Mann hinausgeht, und auch die Gleichbehandlung von Minderheiten beinhaltet, gehen wir in dieser Studie auf Ersteres ein.

Bei der Gleichstellung von Mann und Frau gibt es grosse regionale Unterschiede. In Schwellenländern sind Frauen etwa bei Bildung und Berufswahl stark benachteiligt. So waren gemäss einem Bericht der internationalen Arbeitsorganisation ILO aus dem Jahr 2018 rund drei Viertel der berufstätigen Frauen in Afrika in schlecht bezahlten informellen Tätigkeiten ausserhalb des Agrarsektors tätig. In Industrienationen stehen vor allem die ungleiche Entlöhnung und das Fehlen von Frauen in hochdotierten sowie leitenden Positionen im Fokus. Das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen lag 2019 in den OECD Staaten noch immer bei durchschnittlich 12.5 % und ist unter den Mitgliedsländern in Südkorea mit über 31 % am höchsten.

Laut dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) sind die positiven Effekte von Gleichberechtigung jedoch mannigfaltig. Das Wirtschaftswachstum in der EU bis 2050 könnte dank mehr Gleichberechtigung um bis zu 1.95 bis 3.15 Bio. EUR höher liegen (vgl. Grafik). Der Zuwachs beim BIP wird mit mehr berufstätigen Frauen und deren Eintritt in besser bezahlte Berufe erklärt, also etwa Jobs in der Technologie oder im Ingenieurswesen. Zusätzlich würden auch bis zu 10.5 Mio. mehr Arbeitsplätze bis 2050 geschaffen, welche in der Annahme zu 70 % mit Frauen besetzt würden. Das bedeutet, dass auch Männer durch die Gleichberechtigung Vorteile gewinnen dürften. Gerade bezüglich der ungünstigen demografischen Entwicklung der nächsten Jahre und deren Effekt auf die Wirtschaft muss es das Ziel sein, so viele Menschen wie möglich in die Arbeitswelt zu bringen.

Zuwachs des Bruttoinlandprodukts (BIP pro Kopf) in der EU durch Gleichberechtigung
Zuwachs des Bruttoinlandprodukts (BIP pro Kopf) in der EU durch Gleichberechtigung

Ebenso hat die Gleichstellung von Mann und Frau einen positiven Einfluss auf Unternehmen. So steigt laut dem Datenanbieter MSCI die Produktivität, wenn mehr Frauen in der Geschäftsleitung vertreten sind. Letztlich sind diese Arbeitgeber auch für hoch qualifizierte Bewerber attraktiver. Dies haben mittlerweile grössere Unternehmen, von High-Tech Konzerne bis hin zu Banken, erkannt, oder werden zumindest wie beispielsweise in der Schweiz rechtlich dazu gezwungen. So hat sich die UBS als Ziel gesetzt, 30 % der höheren Positionen bis 2025 mit Frauen zu besetzen. Denn während Frauen mittlerweile einen grossen Anteil der Beschäftigten ausmachen, sind sie in vielen Unternehmen im Management unterrepräsentiert.

Nur wenige Unternehmen profitieren direkt von Gleichberechtigung, aber sicherlich Anbieter von Kinderbetreuungseinrichtungen. Weil beide Elternteile arbeiten, bedarf es einer Betreuung. Die wenigsten sind jedoch börsennotiert. Daher muss bei der Selektion von Aktien auf die Corporate Governance (Unternehmensführung) abgestellt werden. Es bieten sich Messgrössen wie gleiche Bezahlung oder der Anteil Frauen in der Geschäftsleitung an. Hierzu kommt die Beurteilung von Programmen zur Förderung von Frauen innerhalb und ausserhalb des Unternehmens hinzu.

Chancengleichheit hängt mit dem zweiten Aspekt sozialer Nachhaltigkeit zusammen, der Bildung. Überhaupt eine Schulbildung zu erhalten sowie deren Qualität sind alles entscheidend. Diese beiden Aspekte tragen dazu bei, wie sich eine Gesellschaft entwickelt und eine Volkswirtschaft wächst. In Entwicklungsländern hatten gemäss UNESCO, 2017 rund 64 Mio. Kinder gar keinen Zugang zu Bildung. In der Region Sub-Sahara hatten etwas weniger als zwei Drittel der Kinder überhaupt einen Grundschulabschluss, und die Entwicklung stagniert (vgl. Grafik).

Einschreibungen an weiterführenden Schulen nach Regionen
Einschreibungen an weiterführenden Schulen nach Regionen

Das Bildungsniveau ist ein Problem, da wissenschaftliche Studien nachgewiesen haben, dass mit jedem zusätzlichen Jahr Bildung das Einkommen im globalen Durchschnitt um 9 % bis 10 % steigt und damit auch das Gesamtwirtschaftswachstum fördert. Kommen also mehr Menschen in den Genuss von kostengünstiger und guter Bildung, hat dies einen positiven Einfluss.

In Industriestaaten geht es vor allem um die Qualität und den Zugang zu weiterführender Bildung. Der technische Fortschritt setzt höher qualifiziertere Arbeitskräfte voraus und bietet weniger Arbeitsplätze für schlecht ausgebildete. Neue Anwendungen von Technologien tragen jedoch dazu bei, Bildung verfügbar und zugänglich zu machen. So können E-Learning Apps oder virtuelle Klassenzimmer hilfreich sein. Ausgerechnet die Corona-Pandemie stellte sich als Katalysator für den Bildungssektor heraus. Ohne Unternehmen wie Blackboard, die virtuelle Lernumgebungen anbieten, wäre ein Unterricht zuhause, also «Home-Schooling», kaum möglich gewesen. Unter der Bedingung, dass die Infrastruktur existiert, können sich solche Technologien für bildungsschwache, ländliche Regionen als Chance herausstellen.

Zur Bildung gehören aber nicht nur die Erstausbildung an Schulen und Universitäten, sondern auch die Weiterbildung von Arbeitskräften. Dabei geht es um die Ausbildung von Arbeitnehmern innerhalb eines Unternehmens, um etwa deren Produktivität zu steigern oder um die freiwillige persönliche Umschulung. So haben in den USA zahlreiche Menschen die Pandemie genutzt, um sich zu IT-Kräften umzuschulen. Ganz nach dem Mantra des Technologiekonzerns Apple, wonach jeder und jede programmieren kann. Unternehmen wie Chegg konnten durch solche Angebote, ihren Umsatz zusätzlich steigern.

Zusammengefasst, sind Chancengleichheit und Bildung Grundpfeiler des wirtschaftlichen Wachstums der jüngsten Geschichte, und im gleichen Zug Opportunitäten für Unternehmen, die ihren Beitrag hierzu leisten.

Sicherheit: Notwendig für Wachstum

Nachhaltiges Wachstum ist ohne Sicherheit kaum denkbar. Dabei geht Sicherheit weit über den Rüstungssektor hinaus. Letzterer muss sogar aus dem Universum nachhaltiger Anlagen ausgeklammert werden, denn zahlreiche Unternehmen aus dem Sektor haben entweder mit kontroversen Waffensystemen zu tun oder deren Geschäftsgebaren, wie die Umgehung von Sanktionen, ist fraglich. Stattdessen liegt der Fokus auf Cybersecurity, Lebensmittelsicherheit und dem sicheren Zugang zu Trinkwasser und Nahrung.

Cybersecurity als Überbegriff für alles was mit Sicherheit im Zuge der Interkonnektivität zu tun hat, betrifft Staaten, Unternehmen und Einzelpersonen zugleich. Während Staaten sich mit potenziellen Angriffen durch Terrorgruppen oder andere Staaten konfrontiert sehen, sind Unternehmen und Einzelpersonen im Visier von Konkurrenten und Kriminellen. So hat der Angriff auf eine Ölpipeline, dessen Betreiber finanziell erpresst wurde, an der Ostküste der USA im Jahr 2021 die Energieversorgung der Region zeitweise stark beeinträchtigt. Die Angreifer hatten die IT-Systeme blockiert und forderten Geld. Solche Cyberattacken mittels Ransomware (engl. Erpressung) oder Malware, verursachen jährlich Billionen schwere Schäden. 2021 stiegen die bekannt gewordenen Ransomware-Fälle gegenüber 2020 weltweit um 25%.

Anzahl globaler Ransomware Angriffe nach Sektoren
(Stand: November 2021)
Anzahl globaler Ransomware Angriffe nach Sektoren  (Stand: November 2021)

Wie man an dem Beispiel sehen kann, gerät neben Datendiebstahl auch physische Infrastruktur im Visier. Dies bindet nicht nur finanzielle Mittel für den Schutz gegen solche Angriffe, sondern verhindert Investitionen in andere Bereiche und Innovationen. Etablierte und neue Anbieter von Cybersecurity Lösungen wie Palo Alto Networks profitieren langfristig von diesem Trend und können jährlich im zweistelligen Prozentbereich wachsen.

Der zweite Aspekt von nachhaltiger Sicherheit, die Lebensmittelsicherheit, beinhaltet die Produktion, die Verpackung sowie das Testen von Produkten, z.B. auf Keime. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO legte 2019 einen Bericht vor, wonach jährlich 420'000 Menschen in Folge von Krankheiten durch Inhaltsstoffe und Keime sterben. Dabei handelt es sich um biologische Krankheitserreger, wie Parasiten oder BSE, sowie Belastungen der Lebensmittel durch chemische Stoffe, zu denen zum Beispiel Schwermetalle gehören. Neben der Analyse von Lebensmittel auf Schadstoffe und Keime, können in Zukunft Präventivmassnahmen zum Schutz beitragen. Dazu gehören Automatisierung und Digitalisierung, welche die Möglichkeit bieten, mit erhöhter Reinheit zu arbeiten. Beispielsweise produzieren vertikale Farmen automatisiert und effizient Salate und Gemüse. Zudem ist die Lebensmittelindustrie Verursacherin von viel Verpackungsmüll, der zum Schutz von Lebensmittel bisher unabdingbar war. Gut 60 % des Plastikmülls in Europa sind Verpackungen. Da diese jedoch meist aus Kunststoff bestehen, wird an neuen Materialen zum Schutz der Umwelt gearbeitet. Süssgetränkhersteller Coca-Cola und andere arbeiten an Ersatzprodukten, die nachhaltiger sind, wie z.B. Flaschen aus Papier. Letztlich geht es auch um die Reduktion von Lebensmittelverschwendung. 1.3 Mrd. Tonnen an Lebensmittel werden jedes Jahr weggeworfen und davon etwas weniger als die Hälfte bereits vor dem Erreichen des Händlers.

Der dritte Aspekt betrifft den sicheren Zugang zu verlässlicher Nahrungsmittelversorgung und zu sauberem Trinkwasser. Das betrifft Entwicklungsländer, aber auch bestimmte Industrienationen mit maroder Infrastruktur. Mittlerweile definiert die UNO dies als Wasser- und Nahrungssicherheit (engl. Water and Food Security).

Studien der UNO haben gezeigt, dass noch immer knapp jeder dritte Mensch auf der Welt kein sauberes Trinkwasser trinkt und jeder zehnte Hunger leidet. Es handelt sich damit sowohl um ein humanitäres als auch ein wirtschaftliches Problem. Hunger führt zum Beispiel zur frühzeitigen Beendigung von Schulausbildungen, was wiederum die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt. Aber auch die damit verbundene kürzere Lebenserwartung schädigt die Entwicklung der Wirtschaft. So liegt im Südsudan, einem der Länder mit der schlechtesten Nahrungsmittelversorgung, die durchschnittliche Lebenserwartung bei unter 60 Jahren. Um die Situation weltweit zu verbessern, wird auch mittels Unterstützung durch die Vereinten Nationen in Lösungen investiert.

Unternehmen wie Danaher, die Produkte zu Reinigung von Wasser anbieten, oder das Hygieneunternehmen Ecolab können durch ihre Produkte und Dienstleistungen ihren Beitrag zur sauberen Trinkwasserversorgung leisten. Auch effizienteren Lösungen zur Lebensmittelproduktion, wie vertikale Farmen, würden solchen Regionen Chancen bieten, da die FAO davon ausgeht, dass die globale Lebensmittelproduktion verglichen mit 2005 bis 2050 um 70 % steigen muss.

Ob Cybersecurity, Lebensmittelsicherheit oder Wasser- sowie Nahrungsmittelsicherheit, ohne dass auf diese Aspekte geachtet wird, könnte die globale wirtschaftliche Entwicklung im 21. Jahrhundert womöglich hinter den Erwartungen zurückbleiben. Um dies zu verhindern, werden Investitionen nötig, die sich für einige Unternehmen umsatzfördernd auswirken dürften.

Fazit

Gleichberechtigung und Bildung sind nicht nur Bedingungen für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, sondern bieten auch Unternehmen Opportunitäten. Sei es im Rahmen von Produktivitätssteigerungen oder durch Mehrumsatz durch das Anbieten passender Produkte und Dienstleistungen. Ausserdem stellt sich Sicherheit im weiteren Sinne zwar als Kostenfaktor heraus, ist aber zur selben Zeit unabdingbar. Damit öffnen sich für Unternehmen, die passende Lösungen anbieten, die Türen zu langfristigem Wachstum. Um als Investor von diesen Trends zu profitieren empfehlen wir die zwei folgenden Fonds.

Konkret haben wir zwei Vorschläge, wie sich diese Themen mit Fonds umsetzen lassen. Wenden Sie sich bitte an Ihren Kundenberater/Ihre Kundenberaterin.

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