Nerven bewahren
Die Nachrichten aus Italien sind besorgniserregend. Die Zahl der Todesopfer ist innerhalb von 24 Stunden um weitere 133 Personen auf insgesamt 366 Personen gestiegen. Die italienische Regierung ordnete die Abriegelung des Nordens des Landes an. Aber nicht nur Italien ist betroffen.
Das Virus breitet sich weltweit aus und auch anderswo werden die Behörden gezwungen sein, drastische Mittel zu ergreifen. Damit steigt das Risiko eines plötzlichen Stillstandes der globalen Wirtschaft. Denn Konsumenten sind verunsichert und werden aufgrund der Quarantänebestimmungen insgesamt weniger konsumieren. Gleichzeitig kommt die Produktion wegen der Unterbrechung von Lieferketten zum Erliegen. Der Corona-Schock trifft also sowohl die Nachfrage- als auch die Angebotsseite. In der Eurozone ist eine Rezession in der ersten Hälfte des Jahres wahrscheinlicher geworden, weltweit hingegen zeichnet sich das noch nicht ab.
Wie reagieren Staaten und Notenbanken?
Nun ist die Frage, wann und welche Massnahmen Staaten und Notenbanken ergreifen, um die wirtschaftlichen Folgen abzufedern. Wir rechnen damit, dass aufgrund der Situation an den Finanzmärkten in den kommenden Tagen Unterstützungsankündigungen erfolgen werden. Der gleichzeitige Nachfrage- und Angebotsschock macht die Situation aber anspruchsvoll.
Eine Reduktion der Leitzinsen wird den Finanzmärkten nicht ausreichen. Die Zentralbanken dürften deshalb erneut Wertpapiere kaufen («Quantitative Lockerung»). Unternehmensanleihen sind ein offensichtliches Instrument, um den Marktsorgen zu begegnen.
Von staatlicher Seite wären Steuersenkungen ein effektives Hilfsmittel. Sonderkreditprogramme mit staatlichen Garantien können im schlimmsten Fall Unternehmen über eine gewisse Zeit hinweghelfen. Da in den kommenden Wochen auch die Beschäftigung leiden wird, dürften auch Massnahmen ergriffen werden, um die Konsequenzen für Arbeitnehmer zu mildern. In Deutschland beispielsweise soll das Kurzarbeitsgeld vereinfacht werden.
Ölpreiseinbruch zur Unzeit
Als wäre der Ausbruch des Coronavirus nicht schon schlimm genug, führt nun auch ein Streit zwischen den Ölproduzenten Saudi-Arabien und Russland zu einem tiefen Fall der Erdölnotiz. Eigentlich hatte das Erdölkartell Opec die Produktion senken wollen, um die Preise – auch wegen einer erwarten Covid-19 Nachfrageschwäche - zu stützen. Weil es aber zu keiner Einigung zwischen der Opec und den anderen grossen Produzenten wie Russland kam, läuft das bisherige Kürzungsabkommen Ende März aus.
Saudi-Arabien hat als Reaktion darauf die Preise so drastisch gesenkt wie zuletzt vor 20 Jahren und droht darüber hinaus, den ohnehin überversorgten Markt zu fluten. Beides führt zu Notizen der Erdölsorten WTI und Brent, die zeitweise 30 % unter dem Vortag liegen.
Weil Saudi-Arabien im Vergleich zu anderen Ölproduzenten von enorm tiefen Förderkosten profitiert, drängt das Land mit seiner Strategie andere Anbieter aus dem Markt, nicht zuletzt die Schieferölproduzenten in den USA. Der letzte solche Angriff auf die Schieferölindustrie fand vor zwei Jahren statt und hatte zahlreiche Konkurse und Übernahmen im Sektor zur Folge. Solche Energieproduzenten arbeiten typischerweise mit viel Fremdkapital, welches sie sich im High-Yield-Markt beschaffen. Rund 10 % des USD-Marktes entfällt auf diese Schuldner. Darum sprangen damals die Kreditaufschläge in die Höhe, was sich auch in anderen Segmenten im Anleihenmarkt zeigte.
Diesmal ist das nicht anders. Exchange Trades Funds (ETFs), die High-Yield-Indizes nachbilden, mussten letzte Woche über 4 Mrd. USD Rücknahmen bedienen bei einem Gesamtvolumen von 166 Mrd. USD. Da die Fonds physische Anleihen verkaufen müssen, wurden bereits die Geld- Briefspannen breiter. Das bekräftigt unsere Einschätzung, nur in Anleihen von qualitativ hochstehenden Unternehmen zu investieren und insbesondere Schuldner aus dem Energiesektor, Autohersteller und Tourismus-Unternehmen zu meiden. Ebenfalls betroffen dürften Banken sein, die grosse Kreditausstände im Energiesektor haben.
Fazit
Durch den Ölpreiseinbruch ist das Stresslevel an den Märkten nochmals angestiegen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Eingriffs der Notenbanken. Um die konjunkturellen Folgen zu mildern erwarten wir neue staatliche Massnahmen. Sowohl die Notenbanken als auch die Politik haben Unterstützung signalisiert.
Wir empfehlen Investoren, in diesem Markt erst einmal ruhig zu bleiben und nicht übereilt zu handeln. Anleger, die gemäss ihren strategischen Vorgaben investiert sind, sollten an ihrer Allokation festhalten. Ein allfälliges Engagement im Bereich der tiefen Kreditqualitäten empfehlen wir zu überprüfen und zu reduzieren.
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